Der Große Rachel ist mit 1.452m der höchste Berg im Nationalpark Bayerischer Wald und entsprechend bekannt bei Wanderern. Wie auch am Lusen sind die Wanderwege auf seinen Gipfel stark frequentiert, wodurch er allerdings keinesfalls an Reiz verliert, zu schön sind die Wege und Ausblicke um den Rachel.
Unsere Wanderung beginnen wir am großen, kostenfreien Parkplatz in Spiegelau (Standort in Google Maps anzeigen), vom oberen Ende des Parkplatzes fährt in regelmäßigen Abständen der Igelbus, hier gibt es auch eine Toilette und eine Tourist-Info. Da wir auf den großen Rachel wandern wollen, müssen wir zum Gfäll – ein Wanderparkplatz, dessen An- und Abfahrt mit dem PKW nur in den frühen Morgenstunden und am Abend erlaubt ist. Wir nutzen also den Igelbus und fahren etwa 10 Minuten von Spiegelau bis zum Gfäll. Von hier beginnt unsere Rundwanderung auf dem Rundweg Auerhahn.
Die ersten Kilometer haben es in sich: Wir überwinden auf gut 3km die kompletten 500 Höhenmeter, die Maximalsteigung beträgt etwa 20% – v.a. wenn man mit Kindern unterwegs ist, wird die Wandergeduld bereits am Anfang strapaziert. Der Weg schlängelt sich zwar steil, aber auf einem breiten Forstweg durch den anfangs dichten Bergwald empor. Nach einer guten Stunde lichtet sich der Wald auf und man ist nicht mehr weit vom Waldschmidthaus entfernt. Ab jetzt gibt es nur noch wenig Schatten, was man an sonnigen Sommertagen für den Sonnenschutz berücksichtigen sollte. Der Borkenkäfer hat hier oben ganze Arbeit geleistet und die Fichtenmonokulturen v.a. Ende der 1990er Jahre massiv dezimiert. Der junge Wald, der hier nachwächst, wird noch etwas brauchen, bis er neuen Schatten spenden kann.
Angekommen am Waldschmidthaus ist es nicht mehr weit bis zum Gipfel des Rachel. Man sollte allerdings nicht zu schnell weiterwandern, denn zum einen bietet sich hier ein toller Platz mit Tischen und Bänken für eine Pause und zum anderen befindet sich unweit des Waldschmidthauses der herrliche Seeblick-Aussichtsplatz, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Von hier aus kann man kann sich bereits auf ein späteres Zwischenziel einstimmen, dem Rachelsee, dem einzigen natürlichen See im Nationalpark, ein sogenannter eiszeitlicher Karsee, der sich mit Schmelzwasser des ehemalige Rachelgletschers füllte. Lässt man den Blick in die Ferne schweifen, sieht man den Gipfel des steinigen Nachbarn: Der Lusen mit seiner charakteristischen Felsblockhalde.
Gut 10 Minuten und einige felsige Stufen später, steht man auch schon auf dem Gipfel des Rachel. Angekommen am klassisch schönen Gipfelkreuz aus den 1990er Jahren hat man bei klarem Wetter eine enorme Weitsicht, oft bis zu den Alpen. Nach einer kurzen Verschnaufpause bei herrlichem Rundumblick geht es auf der Nordseite des Berges wieder hinunter.
Unser Weg führt uns durch offene Waldlandschaften, auch hier entstanden nach dem Absterben der Fichtenmonokulturen neue Lebensräume für Tiere wie dem Auerhuhn. Das ist auch der Grund für ein strenges Wegegebot, um den störungsempfindlichen Tieren ihre Rückzugsorte zu sichern. Ein weiterer Aussichtspunkt auf dem Weg zur Rachelkapelle bietet uns nochmal einen tollen Blick über die Seewand zum Rachelsee.
Die Rachelkapelle ist ein besonderes Highlight und ein beliebtes Fotomotiv des Nationalparks. Die hölzerne Kapelle liegt auf 1212m Höhe auf einem Felsvorsprung mehr als 140m über dem Rachelsee und geht auf mehrere Vorgängerbauten zurück, dem ältesten aus dem Jahre 1885. Die aktuelle Kapelle wurde im Jahr 2000 grundlegend saniert. Auf alten Fotografien sieht man, wie die Kapelle von hohen Bäumen umgeben war. Zwischenzeitig stand die Kapelle annähernd frei und ist mittlerweile wieder etwas stärker eingewachsen. Solche markanten Punkte in der Landschaft zeigen eindrucksvoll, wie sich die Natur und der Wald selbst in kürzeren Zeiträumen regenerieren.
Auf dem Kapellensteig bergab verlässt man nach wenigen Minuten die offene Waldlandschaft und tritt in dichten Mischwald, dominiert von Buchen. Nach etwa 45 Minuten erreicht man schließlich den mystischen und von allerlei Legenden und Sagen umwobenen Rachelsee. Der im 19. Jahrhundert um etwa einen Meter aufgestaute und als Triftklause missbrauchte Gletschersee gilt auch heute noch als stillster See des Bayerwaldes. Er ist nur über längere Fußwege zu erreichen und damit Gott sei Dank kein Ausflugsziel für Touristenmassen, wie kleiner und großer Arbersee. Im See gibt es übrigens keine Fische, dafür aber umso mehr Kleinstlebewesen. Der Seebach ist sowohl Zu- als auch Abfluss des Rachelsees und einer der Quellbäche der Großen Ohe und damit auch der schwarzen Perle, der Ilz.

Auf mehreren Bänken lässt sich der Anblick des Sees und der Seewand genießen, bevor man die zweite Hälfte der Etappe des Rundwegs in Angriff nimmt. Gut 5 km mit gemächlichem Gefälle liegen vor uns, zuerst auf einem breiten Wanderweg und dann mit einer längeren Passage auf einem Forstweg, bevor es zurück in den Wald auf wurzelige Pfaden geht. Dieser letzte Teil taucht den Wanderer nochmal in eine mystische Waldstimmung, mit alten Bäumen und schmalen Wegen. Hier sind wir größtenteils alleine unterwegs, genießen die Ruhe, das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln und die vereinzelten Vogelstimmen. Wer versucht auf leisen Sohlen unterwegs zu sein und auch mal einen Augenblick inne hält, der kann vielleicht den ein oder anderen (gefiederten) Waldbewohner entdecken.
Am Ausgangspunkt, dem Gfäll, angekommen, müssen wir nicht lange auf den Igelbus warten, der uns wieder zurück zu nach Spiegelau bringt. Der Rundweg Auerhahn ist geprängt von abwechslungsreichen Landschaften, mit Gipfelmomenten und Weitblicken, aber auch mit mystischen Waldpassagen und dem verwunschen wirkenden, einzigen natürlichen See des Nationalpark, dem Rachelsee. Eine sehr empfehlenswerte Rundtour.
Tourdaten
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Der Nationalpark Bayerischer Wald
Der Nationalpark Bayerischer Wald, gegründet 1970, ist Deutschlands erster Nationalpark und bekannt für sein Motto „Natur Natur sein lassen„, wodurch sich ungestörte Urwälder entwickeln können. Er schützt eine vielfältige Flora und Fauna, einschließlich seltener Arten wie dem Luchs und dem Auerhahn, und fördert die natürliche Waldentwicklung durch das Vorhandensein von Totholz und unberührten Lebensräumen. Der Park bietet ein umfangreiches Netz an Wander- und Radwegen sowie Umweltbildungsprogramme und Forschungsprojekte, die das Bewusstsein für Naturschutz stärken. Durch die Zusammenarbeit mit dem benachbarten Nationalpark Šumava in Tschechien trägt er zu einem grenzüberschreitenden Schutz großer zusammenhängender Ökosysteme bei.